GwG für Finanzunternehmen mit Fokus auf Beteiligungs­gesellschaften

Von |Sonntag, 1. August 2021|Finanzunternehmen|

Der deutsche Finanzsektor und die Sonderstellung von Finanzunternehmen

Der Finanzsektor in Deutschland ist aufgrund seines Volumens, der Stabilität und nicht zuletzt wegen seiner geographischen Lage besonders anfällig für Geldwäscheaktivitäten. Der kontinuierliche Anstieg eingehender Verdachtsmeldungen bei der FIU (Financial Intelligence Unit) in den letzten Jahren in diesem Bereich ist ein klarer Beleg steigender aufsichtsrechtlicher Bemühungen, diesen Wirtschaftszweig zu regulieren.

 

Verpflichtete im Finanzsektor in Abgrenzung zu Finanzunternehmen im Sinne des GwG

Dem Jahresbericht der FIU (Financial Intelligence Unit) zufolge sind für das Jahr 2020 insgesamt 144.005 Verdachtsmeldungen eingegangen. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber der Anzahl an Verdachtsmeldungen in den Vorjahren, welche bei 114.914 bzw. 77.252 lagen. Dabei erfolgten 98 % aller Meldungen aus dem Finanzsektor. Im Finanzsektor führt aufsichtsrechtlich kaum ein Weg an der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) vorbei. Die Zuständigkeit der BaFin für die Aufsicht nach dem GwG erstreckt sich nahezu auf den gesamten Finanzsektor (siehe § 50 Nr. 1 GwG).

Folgende Branchen, Institute und Unternehmen unterstehen der BaFin-Aufsicht:

  • Kreditinstitute (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG)
  • Finanzdienstleistungsinstitute (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 GwG)
  • Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 GwG)
  • Agenten für Zahlungsdienste und E-Geld (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 GwG)
  • Selbstständige Gewerbetreibende im Bereich Zahlungsdienste / E-Geld (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 GwG)

 

Eine aufsichtsrechtliche Ausnahme im Finanzsektor bilden lediglich Finanzunternehmen im Sinne des GwG § 2 Abs. 1 Nr. 6.

 

Nachfolgend soll die Legaldefinition und Einordnung von Finanzunternehmen daher eingehender betrachtet werden.

 

 

Finanzunternehmen i.S.d. GwG

Finanzunternehmen nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 GwG sind – trotz ihres möglichen Bezuges zum Finanzsektor – von der Zuständigkeit der BaFin ausgenommen. Ausschlaggebend für diesen scheinbaren Systembruch der Zuständigkeiten war der Wille, aufsichtsrechtliche Überschneidungen zu verhindern und Zuständigkeiten zu bündeln.

Für Finanzunternehmen greift der Auffangtatbestand des § 50 Nr. 9 GwG. Hiernach ist die jeweils nach Bundes- oder Landesrecht zuständige Stelle auch zur geldwäscherechtlichen Aufsicht verpflichtet. Seit der Novellierung 2020 enthält das GwG eine eigene Definition für verpflichtete Finanzunternehmen (§ 1 Absatz 24 GwG), die als Auffangtatbestand dient (s. Regierungsentwurf zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vom 31.07.2019, S. 75).

Finanzunternehmen im Sinne des GwG ist ein Unternehmen, dessen Haupttätigkeit darin besteht:

  1. Beteiligungen zu erwerben, zu halten oder zu veräußern,
  2. Geldforderungen mit Finanzierungsfunktion entgeltlich zu erwerben,
  3. mit Finanzinstrumenten auf eigene Rechnung zu handeln,
  4. Finanzanlagenvermittler nach § 34f Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung und Honorar-Finanzanlagenberater nach § 34h Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung zu sein, es sei denn, die Vermittlung oder Beratung bezieht sich ausschließlich auf Anlagen, die von Verpflichteten nach diesem Gesetz vertrieben oder emittiert werden,
  5. Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie und die damit verbundenen Fragen zu beraten sowie bei Zusammenschlüssen und Übernahmen von Unternehmen diese Unternehmen zu beraten und ihnen Dienstleistungen anzubieten oder
  6. Darlehen zwischen Kreditinstituten zu vermitteln (Geldmaklergeschäfte).

 

Das deutsche Geldwäschegesetz

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Fokus: Beteiligungsgesellschaften

§ 1 Abs. 24 Satz 2 GwG normiert eine Privilegierung für oft als „reine Industrieholding“ bezeichnete Unternehmen:

Holdinggesellschaften, die ausschließlich Beteiligungen an Unternehmen außerhalb des Kreditinstituts-, Finanzinstituts- und Versicherungssektors halten und die nicht über die mit der Verwaltung des Beteiligungsbesitzes verbundenen Aufgaben hinaus unternehmerisch tätig sind, sind keine Finanzunternehmen. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Definition für Klarheit sorgen und insbesondere reine Holdinggesellschaften, die keine geldwäscherechtliche Risikoexposition aufweisen, aus dem Adressatenkreis des GwG herausnehmen.

Trotz dieser vermeintlichen Klarstellung bedarf der Privilegierungstatbestand einer weitergehenden Erörterung.

 

1) Privilegierungstatbestand:

a) Anwendbarkeit der Privilegierung:

Fraglich ist zunächst, ob beide Tatbestandsmerkmale der Privilegierung („Halten von Beteiligungen außerhalb des Kreditinstitutssektors“ und „nicht über Verwaltung hinausgehende Tätigkeit“) kumulativ vorliegen müssen. Angesichts des hier eindeutigen Wortlauts der Norm ist dies wohl zu bejahen.

b) Beteilung außerhalb des Finanzsektors:

Das Tatbestandsmerkmal der ausschließlichen Beteiligung außerhalb des Finanzsektors wirft zudem die Frage auf, ob nicht aus argumentum e contrario für gem. § 1 Abs. 24 Satz 1 GwG verpflichtete Finanzunternehmen nur eine Beteiligung an Unternehmen innerhalb des Finanzsektors tatbestandsmäßig sein kann.

Gestützt wird diese Auslegung zum einen durch die historische Entwicklung der Norm, insbesondere durch ihren vormaligen Bezug zu § 1 Abs. 3 KWG, der auf reine Industrieholdings ohne Bezug zum Finanzsektor nicht angewendet wurde (vgl. BaFin Schreiben vom 15.05.2014 an DK, BA 53-FR-2161-2014/0006). Auch eine Gesamtschau der Nr. 2 bis Nr. 6 des § 1 Abs. 24 S.1 GwG – sämtliche mit Bezug zum Finanzsektor – legt Entsprechendes nahe.

Ausweislich des Rundschreibens der BaFin vom 23.12.1999 und des Verweises in der Bundestagsdrucksache 19/13827, 69 ist das Halten einer Beteiligung von maximal 5 % an Unternehmen des Kreditinstituts-, Finanzinstituts- und Versicherungssektors unschädlich. Auch hieraus folgt, dass eine darüberhinausgehende Beteiligung an Unternehmen des Kreditinstituts-, Finanzinstituts- und Versicherungssektors die Privilegierung aufschließt.

c) Über Verwaltung hinausgehende Tätigkeit:

Da als weiteres (kumulatives) Tatbestandsmerkmal der Privilegierung für Industrieholdings die Tätigkeit nicht über die Verwaltung des Beteiligungsbesitzes hinausgehen darf, muss im Umkehrschluss für die Verpflichteteneigenschaft eines Finanzunternehmens nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 GwG eine Beteiligungstätigkeit bzw. eine über die Verwaltung hinausgehende Tätigkeit erfasst sein.

 

 

2) Ausnahme: aktive Beteiligungsgesellschaften / Private Equity Strukturen

Die für rechtspraktische Auslegung des Begriffs “Finanzunternehmen” relevanteste Feststellung trifft Kaetzler in Zentes/Glaab, GwG, Rn. 246 zu § 1 Abs. 24 GwG, 2. Auflage, 2020: Auf aktive Beteiligungsgesellschaften und Private Equity Strukturen findet die Privilegierung keine Anwendung, selbst wenn sie ausschließlich mit Beteiligungen außerhalb des Finanzsektors handeln.

 

Mithin sind solche Beteiligungsgesellschaften in den Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes einbezogen. Aufgrund ihrer Geldwäsche-Risikoexposition besteht die Notwendigkeit, diese Unternehmen den Regulierungen des GwG zu unterwerfen.

 

Geldwäscherechtliche Pflichten von Finanzunternehmen

Sofern die Verpflichteteneigenschaft für das Unternehmen bejaht werden muss, ist das Unternehmen zur umfassenden Einhaltung und Umsetzung (ggf. gruppenweiter) GwG-Auflagen verpflichtet.

Hierzu zählen insbesondere:

  • die Implementierung eines Risikomanagements – bestehend aus Risikoanalyse und internen Sicherungsmaßnahmen
  • die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten und seines Stellvertreters
  • die Einhaltung von Sorgfaltspflichten sowie
  • die Abgabe von Verdachtsmeldungen.

 

Übrigens: Für Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) haben wir hier bereits einen umfangreichen Artikel für Sie zusammengestellt: Geldwäsche­prävention für Kapital­verwaltungs­gesellschaften

 

Bildnachweis Titelbild: Shutterstock.com – ShadeON

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Über den Autor:

Juristin und Unternehmerin. Die Frau der ersten Stunde bei PEQURIS. Themenschwerpunkte: Geldwäscheprävention und Datenschutz, Geldwäscheprävention für Finanzdienstleister und KVGs.